Die eine Wolle ist so himmlisch weich, dass du am liebsten darin versinken würdest, während die andere schon beim bloßen Anblick höllischen Juckreiz auslöst. Doch woran liegt das eigentlich?

Zwar lässt sich die Haptik einer Wolle durch die Spinntechnik bis zu einem gewissen Grad beeinflussen, doch wahre Wunder sind damit nicht möglich. Ob eine Wolle kratzt oder kuschelt, hängt in erster Linie von der Feinheit ihrer Fasern ab.
Diese Feinheit wird nicht nach persönlichem Empfinden, sondern durch einen genau messbaren Wert bestimmt: Mikron.
Was bedeutet „Mikron“?
Ein Mikron entspricht einem Tausendstel Millimeter (0,001 mm) und beschreibt den Durchmesser einer einzelnen Faser. Je geringer dieser Wert, desto feiner und weicher ist die Faser.
Warum ist das so? Dünnere Fasern sind flexibler und können sich sanft an die Haut anschmiegen – dadurch fühlen sie sich weich und angenehm an. Dickere Fasern hingegen sind steifer, biegen sich weniger bei Hautkontakt und werden daher oft als kratzig empfunden.
Allerdings gilt: Je feiner die Faser, desto empfindlicher ist sie auch. Wolle mit sehr niedriger Mikronzahl kann zwar besonders weich sein, ist aber in der Regel auch weniger strapazierfähig und neigt eher zum Verfilzen. Die Mikronzahl gibt dir daher nicht nur Aufschluss über die Weichheit, sondern auch darüber, für welche Projekte die Wolle geeignet ist.
Die Kategorien der Wollfeinheit
Anhand der Mikronzahl lässt sich gut erkennen, welche Faser feiner – und damit auch weicher – ist. Doch um Wolle gezielt einsetzen zu können, braucht es eine etwas genauere Einteilung:
Ab wann gilt eine Wolle als fein – und wo beginnt die grobe Faser?
Ganz einig ist man sich in der Fachwelt nicht immer, aber im Großen und Ganzen hat sich folgende Einteilung bewährt:
Feine Wolle (< 22 Mikron)
Beispiele: australische Merinowolle, Angorakaninchen
(Babykleidung, Schals, alles, was direkt auf der Haut liegt)
Mittelfeine Wolle (22 – 31 Mikron)
Beispiele: Bluefaced Leicester, Coburger Fuchsschaf, Polwarth
(Pullover, Accessoires, Decken)
Grobe Wolle (31 – 36 Mikron)
Beispiele Bergschaf, Texelschaf
(wetterfeste Kleidung)
Sehr grobe Wolle (>36 Mikron)
Beispiele: Herdwick, Karayaka
(Teppiche)
Beim Handspinnen bewegen wir uns meistens in einem Bereich von 19 bis 25 Mikron, denn diese Fasern lassen sich angenehm verspinnen und bieten eine gute Balance zwischen Weichheit und Haltbarkeit. Natürlich sind sowohl feinere als auch deutlich gröbere Fasern verspinnbar – sie brauchen nur die richtige Technik und das passende Projekt.

Mich kratzt jede Wolle!
„Die Wolle kann so fein sein, wie sie will – ich vertrage einfach keine Wolle!“
Diesen Satz hört man fast zwangsläufig, sobald es um die Feinheit von Wolle geht. Deshalb möchte ich kurz auf das Thema Wollallergie eingehen:
Ja, eine echte Allergie gegen Lanolin, das natürliche Wollfett, gibt es – aber sie ist äußerst selten.

Weitaus häufiger sind Reaktionen auf die Hilfsmittel und Chemikalien, mit denen Wolle während der Verarbeitung in Kontakt kommt: Dazu gehören zum Beispiel Farbstoffe, Waschmittel, Weichmacher oder Rückstände aus der industriellen Aufbereitung.
Wer also glaubt, auf „Wolle allergisch“ zu reagieren, reagiert vielleicht nicht auf die Wolle an sich, sondern auf etwas, das später hinzugefügt wurde. In solchen Fällen lohnt es sich, unbehandelte, naturbelassene oder sorgfältig handverarbeitete Wolle auszuprobieren.
Hast du eine Lieblingsmikronzahl oder eine Faser, die du besonders gern verspinnst oder verarbeitest? Schreib mir gern einen Kommentar – ich freue mich auf den Austausch!
Und wenn du Lust bekommen hast, verschiedene Wollqualitäten selbst auszuprobieren: Schau im Shop vorbei – vielleicht ist genau die richtige Faser für dein nächstes Projekt dabei.
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